Linalu
– Ich bin Linalu, das Robbentier,
gönne mir die Sonne hier, 
liege im Sand, und um mich her
rauscht das Meer,
hörst du das Meer?
Du, ich bitte sehr,
nicht stören, die Sonne über mir
spricht – leise spricht die Sonne mit mir,
ruft mir ins Ohr mein Lieblingsliedchen,
Liedchen vom schönen Bullenmann Friedchen,
der mich besuchen will,
sei doch still!
Hörst du‘s?
Bullenmann Friedchen ruft: 
Linalu,
du, auf welchem Stein liegst denn du?
Friedchen, hier, mein Bullenschätzchen,
wie immer auf unserem Sonnensandplätzchen!
Watscht, platscht, patscht,
da hörst du‘s, wie mein Friedchen durch‘s Wasser tatscht,
her zu mir,
gleich liegen wir
vom Meer umrauscht auf unserm Stein,
wollen nicht gestört sein,
nicht gestört sein …

 
Zum Schulanfang
– Du kannst mit Wörtern auf der Wiese liegen,
die Wörter, Hanna, sind in Bücher eingepackt,
und darin steht, warum Gedanken fliegen,
warum der Specht in Bäume Löcher hackt,
du lernst das Lesen, Hanna, und du übst das Fragen,
die Schule wird ein tolles Abenteuer sein,
du lernst, wie Sterne Guten Abend sagen,
ob du ein Ja hörst, doch es ist ein Nein,
und eines Tages, Hanna, hast du von der Welt
dir tausend Abenteuerbilder vorgestellt. 


Guck nach!
Es war einmal ein Mückentier, 
das flog vor eine Wand
und – knallte hart dagegen, bums! 
Und? – War ein Elefant!

Ganz plötzlich, bums, ist es ein Elefantentier,
fällt von der Wand – 
und – Hanna, trampelt jetzt zu dir
und steht schon vor der Tür! 
Guck nach, da steht ein Elefant!

Du meinst,
nur eine Mücke hockt da …? 

Die als Elefant 
da grade stand,
vor fünf Minuten noch, 
ich hab ihn doch gesehen:
Grau war er, groß, der wollt‘ spazieren gehen,
Hanna, mit dir! 
Und jetzt, sagst du, 
ist nirgendwo ein Elefant zu sehn?

Dann musst du mit der Mücke halt spazieren gehn. 


Die Kuh von Bauer Fietjen


– hören >>


Eine Kuh im Morgenlicht

frisst, was andres tut sie nicht.

Sonne scheint ihr aufs Gehörn,

Nachbars Ochse hat sie gern.


Fliegt ein Vogel hin zur Kuh,

brüllt sie zur Begrüßung: Muh!

Pfeift der Vogel ihr ein Liedchen,

pfeift auch eins der Bauer Fietchen,


der kommt morgens auf die Wiese,

fragt die Kuh: «Wie geht’s denn, Liese?»

Zärtlich kneift er sie ins Ohr,

hüpft die Kuh ihm dann was vor,


macht Geschlenker mit dem Schwanz

und verjagt den Mückentanz.

Bauer Fietchens Traktor knattert,

ist zur Scheune fortgerattert. 


Wenn der Tag zu Ende geht,

hat die Kuh sich umgedreht,

läuft den Sonnenstrahlen nach,

stellt sich unters Scheunendach.


Bauer Fietchen schiebt die Kuh

in den Stall, die Tür schlägt zu.

Liegen da im Stall verknäult

junge Hunde, einer heult.


Schnelle Katzenaugen blinken,

Kuh lässt laute Pupser stinken.

Wenn die Nacht gekommen ist,

träumt sie, dass sie weiterfrisst.


Laufen aus den Löchern Spinnen,

kann ein neuer Tag beginnen,

und die Kuh im Morgenlicht

frisst, was andres tut sie nicht.



Das einsame Hosenbein


– hören >> 


Da hängt es auf der Wäscheleine,

da flattert es im Wind,

ein Hosenbein,

so ganz allein …

tja, wenn da noch eins wär,

und ungefähr

genau so lang, dann könnte man

die beiden Hosenbeine …

erst in die Waschmaschine stecken …

und nimmt sie frisch gewaschen raus

und macht sich eine Hose draus.



Sommerschneeflocke 

 – hören >> 

Ein Mann geht über Pflastersteine.
Kopf hoch. Er schaut die Wolken an:
Es gehen unter ihm die Beine,
und obendrüber geht der Mann

und ärgert sich. – Am Himmel oben
ziehn Vögel eine lange Bahn,
huiiiii, hat der Wind sie fortgeschoben. –
Der Mann guckt jetzt die Straße an,

guckt runter auf die Pflastersteine,
grau sieht die Welt aus Steinen aus,
durchs Grau gehn seine Hosenbeine,
und da am Eck spitzt eine Maus,

so grau, so steinegrau die Welt …
doch da! Im Grau und kaum zu sehn,
wer hat denn das da hingestellt?
Die Beine bleiben plötzlich stehn,

der Mann, er lacht! Geht in die Hocke:
da wächst in einer Pflasterritze
winzig wie eine Sommerflocke
aus Schnee … er schiebt die Nasenspitze

näher heran: Ein Gänseblümchen,
winzig und schön, sagt nichts, steht stumm
im wiesengrünen Blattkostümchen
in all dem Steinegrau herum.

Da fällt der Mann der Länge lang
ins Pflastersteinebeet und weint,
weint, lacht, es quietscht am Eck die Maus,
das Grau ist fort, die Sonne scheint,
die Welt sieht jetzt ganz anders aus.


Speiseplan 

 

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Der kleine Riese wohnt in einem kleinen Haus

gleich hinterm Wald – zusammen mit der Maus.


Die beiden hocken da vor einem großen Topf,

der kleine Riese kratzt die Maus am Hinterkopf


und murmelt: «Sag mal, Mäusefrau, für nächste Woche,

ich denk, dass ich am Montag Läusesuppe koche!»


«Am Montag bringst du immer Rüben auf den Tisch»,

sagt da die Maus, «mit stinkesaurem Zwiebelfisch


verkocht. Am Dienstag Regenwurm vom Grill

in Schneckensoße, wie ichs auch am Mittwoch will!» 


«Nee, Maus, am Mittwoch gibt’s geschmorten Pferdeapfel,

zum Nachtisch knusperbraunen Tannenzapfel.» 


«Und Donnerstag?» – «Tja, Donnerstag …» – «Na Mückenei,

in Kakerlakenöl gebraten auf Kartoffelbrei.


Und freitags Läusesuppe!» – «Gut», der kleine Riese nickt,

«am Samstag Spinnenpilzsalat mit Wurzelsaft gedickt,


am Sonntag, Maus?» – Die Maus leckt sich die Tatzen:  

«Nur Schokoladenpudding, bis wir beide platzen!»